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Kaum hatte das Schuljahr begonnen, stand bereits unsere erste Exkursion auf dem Stundenplan: Berlin, wir kommen! Denn der Deutsche Dom bietet Rollenspiele an, im Rahmen derer die Schüler sich in einem Bundestag en miniature, wie Politiker verbal duellieren können.

Wir, die Klasse 9/3 und unsere neue Sozialpädagogikstudentin Frau Schulz, fuhren also mit Frau Lembke in die große Stadt bis zum Bahnhof Friedrichstraße. Da es nicht regnete und noch sommerliche Temperaturen herrschten, legten wir den Rest der Strecke zum Gendarmenmarkt zu Fuß zurück.

Man empfing uns im Deutschen Dom sehr freundlich, und wir stiegen eine Wendeltreppe zum ersten Stock hinauf, in welchem sich dann tatsächlich ein zum Verwechseln ähnlicher Bundestagsplenarsaal befand. Nun gab es die Qual der Wahl, auf welchen Stuhl man sich setzen solle, denn die unterschiedlichen Farben der Rückenlehnen ließen vermuten, dass diese nicht zufällig waren.

Schließlich nahm ein Teil der Gruppe auf den rot-bemäntelten Plätzen Platz, und der Rest ging in die Opposition. Wir bekamen zwei zusätzliche Spieler: die Bundestagspräsidentin und den Bundeskanzler. Ein Spielleiter erklärte den Ablauf und stellte drei Themen zur Auswahl:

  1. Sollte eine Zuckersteuer für süße Getränke erhoben werden?
  2. Sollte es ein Wahlrecht ab 16 Jahren geben?
  3. Sollte eine Führerscheinnachprüfung für Bürger ab 65 verpflichtend eingeführt werden?

Die Wahl fiel auf Thema drei. Jede Gruppe wählte einen Sprecher und beriet über die Gründe, die dafür bzw. dagegen sprechen.

Auftritt Bundestagspräsidentin. Diese machte unmissverständlich klar, wie wichtig die richtige Anrede und das Einhalten der Regeln ist. Der Bundeskanzler (dessen Applaus vom Band eingespielt wurde) trug nun seinen Vorschlag für das neue Gesetz zur Führerscheinnachprüfung für Menschen ab 65 vor.

Die Opposition hatte zahlreiche gute Argumente, die dagegensprachen, so zum Beispiel der Umstand, dass Rentner und Rentnerinnen heutzutage schlicht keine Zeit für solch aufwendiges Verfahren haben, weil sie sich um die Enkel kümmern oder aber auch, dass auf diese Weise die ohnehin raren Plätze in der Fahrschule den jüngeren Leuten nicht zur Verfügung stünden.

Die Regierungspartei führte das Argument der Sicherheit an, denn mitunter lässt natürlich die Reaktionsgeschwindigkeit im Alter nach. Auch die Wiederholung der Regeln wäre sinnvoll, da gelegentlich Änderungen in der Straßenverkehrsordnung vorgenommen würden.

Sowohl der Redner der Opposition als auch die Rednerin der Regierungspartei brachten ihre Argumente in angemessenem Stil und Ausdruck sowie mit der notwendigen Überzeugungskraft vor. Bei der Abstimmung am Ende mussten wir jedoch feststellen, dass sowohl der Bundeskanzler als auch die Bundestagspräsidentin noch eine extra Stimme hatten, was dazu führte, dass der Vorschlag zur Einführung des Gesetzes durch Mehrheitsvotum angenommen wurde.

Beim abschließenden Rundgang durch die Ausstellung trösteten wir uns mit der Einsicht, dass heutzutage auch Frauen wählen dürfen und der Hoffnung, dass kein Wahlbetrug, wie vor 1989, mehr vorgenommen wird.

Dazu reifte die Erkenntnis, dass im Zuge einer Volksabstimmung das Ergebnis aus der Debatte zur Führerscheinnachprüfung vielleicht ein anderes gewesen wäre.

Seit diesem Ausflug hat die Debattenkultur im Unterricht noch stärkere Konturen angenommen und es wurden bei weiteren Themen wie: „Tempolimit auf deutschen Autobahnen?“, „Sollten wir den Mars besiedeln“ und „War früher alles besser?“ professionelle Redebeiträge ausgetauscht, die bei der Klassenarbeitsersatzleistung zu guten und sehr guten Ergebnissen geführt haben.

Bericht und Fotos (4): Marie Lembke

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